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B wie Begegnungen und Begeisterung

  • fraukevanbevern
  • 22. Mai 2022
  • 5 Min. Lesezeit

Halbzeit und Zeit für eine Zwischenbilanz.


Hinter mir liegen 6 glückliche, aufregende, erlebnisreiche Wochen, die mich mit ganz viel Vorfreude auf die nächsten sechs Wochen blicken lassen. Was mich am meisten begeistert sind die Menschen, denen ich hier begegne. Ihre Offenheit, ihre Zugewandtheit, ihr Temperament, ihre Fürsorge, ihre Neugierde, Freude, Begeisterung und Liebe.


Mich begeistert die Hingabe für ihr Italien, ihr Lokalpatriotismus („Franca, wo hat es dir bisher am besten gefallen“´?“, ihr Temperament, ihr lautes Geschnatter, ihren leckeren Kaffee und die gute Küche. Mich begeistert auch, dass vieles immer noch so ist, wie ich es in Erinnerung habe. Morgens wird der caffé im Stehen al banco getrunken. Abends geht’s zum Bummeln und für einen Aperitivo in die Stadt. Das eigene Land ist nach wie vor das Lieblingsland zum Verreisen. Am liebsten ans Meer. Man steht in kleinen Grüppchen mit den Füssen im Wasser und quatscht.


In den letzten sechs Wochen, die ich jetzt in Italien unterwegs bin, hatte ich zahlreiche, unvergessliche Begegnungen. Große und kleine, intensive und auf den ersten Blick kaum wahrnehmbare, die mich glücklich machen und die meine Reise so besonders machen. Was wäre Italien ohne diese bezaubernden Menschen und Begegnungen.

Den Auftakt machte Maurizio, der in der Bar am Hafen von Genua arbeitete und mir die Wartezeit auf das Boarding mit hausgemachten Leckereien schmackhaft machte. Ich bestellte Wein, er brachte das nicht nur die Klassiker wie Chips und Nüsse, sondern auch frisch gebackene Focaccia, Pasta, Nüsschen und bot mir dazu eine kurzweilige Plauderei an. Eine Frau, allein in Italien? Da muss man sich doch kümmern“ sagte er nur, als ich mich kurz vor der Abfahrt bei ihm verabschiedete und bedankte.


Dann der Marktverkäufer in Palermo, der mir mit einer Engelsgeduld einen Seeigel schmackhaft machte und sich freute, dass ich den auf leeren Magen morgens um 10 Uhr aß. Nicht zu vergessen, dass ich den ok vom Geschmack fand, aber trotzdem mich Weißwein nachspülen musste. Und sich am nächsten Tag so freute, dass ich wiederkam, dass er mir gleich stolz seine ganze Familie vorstellte.


Unvergessen bleibt der 95-jährige Salvino in Palermo, klein, fast zahnlos aber voller Elan beim Fegen vor seinem Haus, der gerne für mich posierte.


Enza und Pino in Noto, die mich sehr familiär aufgenommen, sich anfänglich ob meines Unwohlseins sehr um mich gekümmert haben, da waren, angerufen haben und dann drei Tage mit mir gekocht haben. Das war ein ganz besonderes Osterfest für mich. Ich vermisse die beiden sehr und telefoniere noch immer regelmäßig mit Enza.


Bleiben wir in Noto bei Corrado. Er kam an meinem ersten Abend in Noto voll beladen mit Leckereien aus seinem Garten um die Ecke kam, kochte mit mir, lud mich am nächsten Morgen in eine Ricotta Käserei zum Frühstück ein, zeigte mir die Gegen und stellte mir seinen Cousin vor, der mich gleich mit einer Kiste frisch gepflückter Orangen und Zitronen versorgte.


Lustig und herzlich war es bei und mit Erminia und Giovanni in Torre Melissa. Was für eine Wonne. Sie bereiteten mir in ihrer Wohnung ein Zimmer vor, ohne zu wissen wer ich bin und wie lange ich bleiben werde. Sie wussten nur von ihrem Sohn (den ich auch nicht kannte), dass ich zum Kochen kommen werde. Meine Güte haben wir viel gekocht und gelacht. Auch – weil ich Giovanni kaum verstand. Mein Highlight bei den beiden war der Abend mit Giovanni, in der Küche sitzend und Fußball schauend, während sich Erminia beim Masseur behandeln ließ. Noch nie habe ich in einem Bett geschlafen, über dem 4 Madonnen hingen. Auch Erminia und ich telefonieren immer noch regelmäßig. Sie sagt, dass sie mich vermisse und ich viel zu kurz bei ihnen war.


Felicia, die ich beim gedankenverlorenen Laufen durch Cisternino auf einer kleinen Piazza kennen lernte. Sie sagte „che bella donna“. Ich bedankte mich höflich und lobte die Schönheit des Ortes. Dann dreht sie sich u, lief in eine eng Gasse, dreht ihren Kopf und fragte mich „capita l´italiano?“ was ich bejahrte und sie mit „brava“ beantwortet. Dann zeigte sie mir das ehemalige Schneideratelier ihres verstorbenen Mannes, der dort über 50 Jahre gearbeitet hat. Wir halten zwischendurch Händchen und verdrücken die ein oder andere Träne zusammen.


Tiziana, Sara und Recep in Scogliano Cavour treffe ich am Vorabend unseres gemeinsamen Kochens. Sie kommen zusammen nach Lecce gefahren, zeigen mir die Stadt und laden mich zum Essen und einem fetten Eis ein. Am nächsten Vormittag kochen Tiziana und ich zusammen. Zusammen mit Sara verputzen wir alles zum Mittagessen, nachdem Sara aus der Schule zurück ist. Den Nachmittag verbringen wir mit Fernsehen, ich helfe Sara bei den Hausaufgaben, wir machen zusammen einen Ausflug durch die Gegend und bleiben bis spät abends zusammen. Sara möchte mit mir „Koala“ spielen. Bedeutet, dass sie sich wie ein Koala an mich klammert, kuschelt und nicht mehr loslässt. Ich soll einfach nicht fahren, was leider keine Option ist.


Ottavio, der 1 Meter 50 kleine Schneider aus Lecce, der mir eine Hose kürzt vor mir kniet und fassungslos ob meiner Größe nach oben schaut. Er will mich gar nicht gehen lassen. Küsschen links. Küsschen rechts. Und repeat. Wann ich denn wieder käme? Wir mir wohl Lecce gefiele? Fragen über Fragen. Hauptsache ich bleibe. Und nicht zu vergessen meine Putzperle in Lecce. Gebucht habe ich ohne Frühstück und darum bringt sie mir jeden Morgen eine Tüte mit zwei süßen Teilchen mit. Punkt halb acht liegt die Tüte vor meiner Tür.


Teodoro in Piano di Sorrento ist der Papa meiner Vermieterin Elena. Elena wohnt in Rom, also kümmert sich Teodoro sich um den Empfang der Gäste. Kurz vor meiner Ankunft in Sorrento schreibt er mir und will mich unbedingt mit seiner Vespa abholen und zum Haus geleiten. Das nehme ich gerne an, auch wenn mein Navi den Weg kennt. Wir sind sofort „ganz dicke“ als er mich rückwärts in seine enge Einfahrt fahren sieht. Sowas hätte er in 50 Jahren nicht geschafft und gesehen. Bevor er meine Koffer in den 3. Stock schleppt (er ist 80 und lässt sich nicht davon abbringen), pflücken wir zusammen in seinem Garten Orangen und Zitronen. Am nächsten Tag fährt er mich zur Fähre nach Capri und holt mich auch wieder ab. Er hat ein ganz großes Stück zum Wohlbefinden beigetragen und ich freue mich jeden Tag, wenn ich eine Whatsapp von ihm bekomme.


Und dann fahre ich nach Capri und lerne endlich Sara und Fabrizio kennen. Es ist Saisonbeginn und viel zu tun. Trotzdem nimmt sich Sara sehr viel Zeit für mich, zeigt mir die Insel und geht abends mit mir aus. Ihr Liebster Fabrizio verwöhnt uns in seiner Bar mit guten Drinks und Leckereien und am Sonntag Mittag mit einem Ausflug in einer 1962er Bianchina. Woher wissen die beiden nur, dass ich eine glühende Leidenschaft für alte italienische Autos habe? Was für ein Vergnügen. Sara ist der lebende Falstaff für Italien. Wo immer ich bin. Sara begleitet mich mit kulinarischen Tipps.


Ach Giovanni. Der liebe Giovanni aus Neapel, der Tag für Tag in seinem kleinen Restaurant „Donna Teresa“ am Eingang sitzt und seine Gäste begrüßt. Er hat schon als kleiner Jung seiner Mama im Restaurant geholfen. Heute kocht seine Frau und seine Tochter hilft im Service. Drei Mal gehe ich bei ihm essen. An meinen letzten Abend bin ich alleine dort und wir reden. Er hält meine Hand. Er wirkt müde und traurig. Ich sage, dass ich wieder komme und als ich gehe habe ich Tränen in den Augen, weil ich Angst habe, dass er beim nächsten Mal dort nicht mehr sitzen wird.



 
 
 

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